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  • Mahler Meint
  • Kommentar

Stammheim-Zeit des Terrors.

22.05.2025

Am Montagabend lief er in der ARD der Stammheim-Dokumentarfilm mit Jan-Carl Raspe, Gu-drun Ensslin, Ulrike Meinhof und Andreas Bader in den Hauptrollen.

Gestern vor 50 Jahren begann der Prozess gegen die Terroristen der Rote-Armee-Fraktion. Ich war damals 21 und den Ideen der RAF sehr zugetan. Ja, ich wollte – vor allem ausgelöst durch den Krieg der USA gegen Vietnam – auch die Welt verändern. Ich engagierte mich bei der deutschen Friedensgesellschaft / Vereinigte Kriegsdienstgegner, hatte den Kriegsdienst verweigert und war erschüttert über den Neo-Kolonialismus, der die Länder des globalen Südens ausplündert wie eh und je.

Ich wollte auch etwas tun – zum Beispiel bei den Pershing-Blockaden in Mutlangen. Ich wollte es – wie meine Vorbilder Jesus Christus, Mahatma Ghandi und Martin-Luther King – gewaltfrei tun.

Allerdings konnte ich die Argumentation der RAF – wenn man gewaltfrei nichts erreicht, muss man das System mit anderen Mitteln erschüttern – durchaus nachvollziehen.

Man muss – wie es Dietrich Bonhoeffer in einem anderen Zusammenhang sagt – dem Rad in die Speichen fallen und nicht nur die Wunden verbinden.

Ich war tief erschüttert über die Stammheim-Doku, auch, weil ich das ja als junger Mann in Baden-Württemberg hautnah mitbekommen hatte. Die Verzweiflung der Frauen zu erleben, die ja außerhalb des Gefängnisses Kinder hatten, die Hoffnung, dass sich ihr Kampf, den sie schließlich mit dem Leben bezahlt haben, gelohnt hat. 50 Jahre danach frage ich mich, was der Einsatz der rebellischen 70iger und 80iger Generation gebracht hat. Und ob es sich lohnt, mit diesen oder anderen Mitteln weiterzukämpfen.

Ich erschrecke darüber, wie sehr mich der Wohlstand und die Konsumgesellschaft eingelullt und immun gemacht hat. Ja, ich bin auch müde geworden. Und wenn ich das so wahrnehme, fällt es mir schwer, in den Spiegel zu schauen und mich vor meinen Kindern und Enkeln zu verantworten. Zumal jetzt schon die nächste Generation am Start ist. Ende April sind wir Urgroßeltern geworden.